Doppelt gerade Magische Quadrate

 Definition      Magische Quadrate, deren Kantenlänge durch 4 teilbar ist, werden als doppelt gerade bezeichnet.

Das Verfahren von Adam Riese

Adam Riese, der schon zu Lebzeiten ein hochberühmter Rechenmeister war, gibt in seinem Rechenbuch auff Linien und Ziphren das Beispiel der Konstruktion eines magischen Quadrates der Ordnung 4 (S. 72):

"Item zu setzen/ 1.2.3.4.5.6.7.8.9.10.11.12.13.14.15.16. in vier zeilen/ daß allenthalben 34-kommen/ Machs also: setz nach einander/ wie hier. Und also mach nach diesem Exempel andere dergleichen"

   Verwechsel
außwendig
und inwen=
dig/ steht also:
  

Das Verfahren von Kinner(us)

Adam Rieses verbal beschriebener Methode fehlen noch Formalität und Generalisierung. Den ersten systematischeren Ansatz beschreibt Caspar Schott in seinen Technica Curiosa S. 742ff.. Im Gegensatz zu den Spezialfällen der einfach-geraden Quadrate der Kantenlänge 6 und 10 ist das Verfahren von Kinner für beliebig große doppelt-gerade Quadrate anwendbar.

Beispiel 1

Überraschend ist, daß Kinner das Schema für das 4 ´ 4 -Quadrat nicht konsequent auf das 8 ´ 8 -Quadrat ausgedehnt hat.

  
a     c
  b d  
  d b  
c     a

Durch paarweises Vertauschen gemäß dem
Buchstabenschema wird das magische Quadrat erzeugt.

Anmerkung: Äquivalent zu Kinners Verfahren ist die Vertauschung der harmonisch liegenden Seitenfelder der Ausgangsquadrates.

  
  a c  
b     d
d     b
  c a  

Beispiel 2

Ein 8 ´ 8-Quadrat nach Kinners Verfahren. Man beachte, daß nicht nur Diagonalvertauschungen stattfinden, sondern auch solche, die Elemente innerhalb von Zeilen oder Spalten vertauschen.

  
e     i i y z a
  f     u x b  
    g s t c    
r   k h d k   w
r m l d h l m w
o n c s t g n o
p b     u x f p
a     q q y z e

Durch paarweises Vertauschen gemäß dem
Buchstabenschema wird das magische Quadrat erzeugt.

 Eine Variante

Offensichtlich liefert die Methode Kinners im Fall des 4 ´ 4-Quadrates ein magisches Quadrat. Doch man kann auch fragen, wie Zahlenwerte schematisch zu manipulieren sind, um statt über die Diagonalen über die Seiten ein magisches Quadrat zu erzeugen. Man beginne mit einem Quadrat, das die Zahlen in natürlicher Folge enthält. Anschließend subtrahiere man in allen Randfeldern, nicht aber auf denen der Diagnalen, das Komplement jedes Wertes bzgl. n2 + 1. Z.B: wird so aus einer 2 eine 15:

  

Quadrat in natürlicher Folge

Subtraktion der Randfelder mit
dem Komplement bzgl n2+1

Die gleiche Wirkung des Verfahrens mit dem zur Anmerkung bzgl. des Vertauschens der Randfelder sollte auffallen. Tatsächlich ist das Subtrahieren von Zelleninhalten bzgl. n2 + 1 äquivalent zum Vertauschen mit dem Komplement bzgl. n2 + 1. Da in diesem Fall die Komplemente jeweils in harmonischen Feldern stehen, ergibt sich dasselbe Resultat.

 Moderne Methode

Rieses und Kinners Verfahren für das 4 ´ 4-Quadrat kann systematisch auf alle Kantenlängen der Form 4k erweitert werden. Zur Verdeutlichung und zum Vergleich ist das Vertauschungsschema ebenfalls durch Buchstaben angegeben.

  
a     b
  g h  
  l m  
e     n
c     d
  i k  
  q r  
p     f
f     p
  r q  
  k i  
d     c
n     e
  m l  
  h g  
b     a

Durch paarweises Vertauschen gemäß dem
Buchstabenschema wird das magische Quadrat erzeugt.

Man beachte, daß das Aufteilungsschema auf Blöcke der Kantenlänge 4 angewendet wird, während die Vertauschungen stets bezüglich des Mittelpunktes des gesamten Quadrates durchgeführt werden. Die Wirksamkeit dieser Methode steht außer Frage, aber sie liefert nur jeweils ein bestimmtes magisches Quadrat aus den vielen möglichen.

 Nochmals: Der Horizont

Wie bei jeden anderen magischen Quadrat kann gefragt werden, was geschieht, wenn die Sicht auf die Zahldarstellung gewechselt wird. Werden die Einträge in Kinners 4 ´ 4-Quadrat um jeweils 1 vermindert und dann das Quadrat zur Basis 4 dargestellt, ergibt sich folgendes Bild:

  

Magisches Quadrat nach Kinner,
alle Einträge um 1 vermindert.

Dasselbe Quadrat zur Basis 4

Anders als im Beispiel des ungeraden magischen Quadrates liegt hier kein Eulersches Quadrat vor.

Spinnt man den Gedanken weiter und stellt dasselbe Quadrat als zellenweise Summe aus der Überlagerung von 4 Hilfsquadraten dar, dann werden Strukturen offenbar, die im Ausgangsquadrat nicht unmittelbar zu sehen sind. Dazu verwendet man am Zweckmäßigsten eine Binärdarstellung und hebt die Ziffern farblich hervor. Aus dem obigen Beispiel wird damit:

  
  
  

Wertigkeit 8

  

Wertigkeit 4

  

Wertigkeit 2

  

Wertigkeit 1

Durch systematisches Spiegeln und Drehen dieser Hilfsquadrate und anschließendes Addieren lassen sich zahlreiche magische Quadrate erzeugen. Paul Heimbach hat diese Systematisierung durchgeführt und zudem zu künstlerischen Arbeiten benutzt.

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Stand: 15.12.2006 /
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