Magnete

Permanentmagnete

Permanentmagnete sind seit der Antike bekannt. Doch es dauerte bis ins Mittelalter, bis eine erste Schrift über die Eigenschaften der Magnete verfaßt wurde, die gegenüber den antiken Quellen neue Kenntnisse brachte. Pierre de Maricourt schuf 1269 mit seiner Epistola de Magnete ein erstes Werk, das später oft zitiert und gelegentlich auch plagiiert wurde, wie z.B. von Johannes Taisnierus. Magnete ware zu alten Zeiten nur natürlichen Ursprungs bekannt, was sie rar und teuer machte. Magnetsteine wurden oft mit eisernen Kugeln umschlossen, und ergaben so die Magnete, die für Experimente verwendet wurden. Pierre de Maricourts Werk von 1269 wurde handschriftlich vielfach kopiert und legte ein erstes Fundament zu den physikalischen Eigenschaften des Magnetes. Pierre beschrieb, wie sich Magnete anziehen und abstoßen und er fand heraus, daß es zwei verschiedene Arten des Magnetismus gab, die er mit Nord- und Südpol benannte, je nach der Himmelsrichtung, in die ein solcher Pol eines Magnetsteines zeigte, wenn er sich frei überlassen war, so z.B. auf einem Brettchen schwimmend.

Wann immer die Rede von einem Magneten ist, stellt sich nahezu jeder einen Hufeisenmagneten vor. Der hier dargestellte Typ war aus mehreren Schichten magnetisierten Stahles hergestellt, die zu einem einzigen kräftigen Magneten gebündelt wurden. Ein altes Buch über Experimentalphysik (Lommel, S. 248) nennt Daten zu den magnetischen Haltekräften, die ein Magnet bestimmter Masse hervorzubringen vermag:

 Gewicht   Kraft 
60g 15N
50kg 1500N
1000kg 10000N

(Einheiten in moderne Einheiten umgerechnet)

Mit freundlicher Genehmigung der Firma Neotexx

Heute sind Hufeisenmagnete nicht mehr so verbreitet und werden eher als Spielzeug verkauft. Die modernen technischen Anforderungen verlangen andere Formen und Typen von Magneten. Die Industrie produziert Hochleistungsmagnete, die nicht aus Stahl allein, sondern aus speziellen Legierungen bestehen, wie z.B. der berühmte AlNiCo-Magnet (=Aluminum, Nickel, Kobalt). Neodym-Eisen-Bor-Magnete sind der vorläufige Endpunkt einer langen Entwicklung. Solche Magnete sind ungleich kraftvoller als die vorher erwähnten klassischen Magnete.

 Gewicht   Kraft 

0,2g

3,6N

9g

52N

70g

450N

1,6kg

10000N

(Daten umgerechnet bzw. basierend auf Angaben der Neotexx)

Moderne Magnete werden nicht mehr durch das Bestreichen von Stahlstäben mit kräftigen Magneten erzeugt, wie das bis Ende des neunzehnten Jahrhunderts üblich war. Es gab sogar spezielle Anleitungen in den Physikbüchern, wie zu verfahren sei, um möglichst starke Magnete hervorzubringen. Die Herstellung moderner Magnete ist eine Wissenschaft für sich und die Hersteller hüten ihre Geheimnisse. Normalerweise werden Magnete direkt aus der Schmelze erzeugt, die einem sehr starken Feld ausgesetzt und anschließend definiert abgekühlt wird. Der technisch aufwendige Prozeß und der große Materialeinsatz erklären, warum solche Magnete nicht billig sind.

 Elektromagnete

  Ein Elektromagnet besteht aus einer Drahtspule. Wird die Spule von einem Strom durchflossen, baut sich ein magnetisches Feld auf. Die Feldstärke hängt von der Windungsanzahl der Spule ab, dem Strom und der Tatsache, ob ein Eisenkern verwendet wird oder nicht. Ein häufig gehörtes Argument, das die Verfechter magnetischer Perpetua Mobilia ins Feld führen, ist dieses:

"Der Permanentmagnet arbeitet quasi kostenlos. Ein Elektromagnet hingegen benötigt Strom, um dieselbe Wirkung hervorzubringen. Dieser Energieverbrauch summiert sich beträchtlich, während der Permanentmagnet keine äußere Energiequelle benötigt. Aus diesem Grund ist der Permanentmagnet vorteilhafter. Das Geheimnis seiner Leistung wird von der Wissenschaft nicht erklärt oder uns vorenthalten."

Das hört sich sehr überzeugend an, ist aber schlicht falsch, zumindest solange der Elektromagnet mit Gleichstrom gespeist wird, was aber ohnehin der Fall sein muß, will man ihn mit einem Permanentmagneten vergleichen. Machen wir ein kleines Gedankenexperiment: Speisen wir den Elektromagneten und messen, wieviel Spannung und Strom wir dazu benötigen. Dann wickeln wir die Spule ab und werfen den ganzen Drahtsalat als wirren Haufen auf den Boden. Erneut legen wir Spannung an und siehe da, wir haben nahezu dieselben Leistungswerte, aber kein Magnetfeld! Unser ganzer schöner Energieeinsatz wird nämlich schnöde durch die ohmsche Last in Wärme umgesetzt. Da spielt es kaum eine Rolle, ob der Draht ordentlich aufgewickelt ist oder nicht. Hätten wir einen Draht, der dem Strom keinen Widerstand entgegensetzt, dann könnten wir den Elektromagneten in Betrieb nehmen, die Stromversorgung abklemmen und die Windungsenden der Spule verbinden. Der Magnet behielte weiterhin seine Kraft. Das ist mit supraleitenden Drähten möglich, was hinreichend beweist, daß die oben angeführte Argumentation untauglich ist. Tatsächlich sind die stärksten heute bekannten Elektormagnete allesamt auf der Supraleitertechnik aufgebaut und ihr "Stromverbrauch" ist verglichen mit ihrer Leistungsfähigkeit minimal.

Der wesentliche Vorteil eines Elektromagneten ist, daß seine Kraft gesteuert werden kann. Auf diese Art findet er weite Verwendung als Steuermagnet in Relais oder als Hubmagnet für Lasten. Klar, daß er deshalb auch für die Verwendung in perpetuierlichen Maschinen geeignet erscheint.

 Transformatoren

Bislang haben wir Elektromagnete untersucht, die von Gleichstrom gespeist werden. Ein völlig anderes Bild des Elektromagneten ergibt sich, sobald er mit Wechselstrom gespeist wird. Dazu müssen wir ein wenig ausholen. Der Physiker Ørsted entdeckte 1819 eher durch Zufall, daß eine Magnetnadel durch die Wirkung eines galvanischen Elementes aus ihrer Ruhelage ausgelenkt werden kann. Arago hörte von diesen Versuchen, erstattete bei der Akademie der Wissenschaften in Paris Bericht und Ampère zog seine Schlüsse. Es dauerte nicht lange, bis Ampère das erste Solenoid (einen Elektromagneten ohne Eisenkern) präsentieren konnte.

Michael Faraday (22.09.1791-25.08.1867) fand 1824 heraus, daß eine Spule mit Eisenkern Energie zu speichern vermag und zwar in Form eines Magnetfeldes. Faraday begann systematisch zu experimentieren.
Die Erkenntnis aus diesen Beobachtungen war:
  • Ein wechselnder Strom in einem Leiter erzeugt ein wechselndes Magnetfeld
  • Ein wechselndes Magnetfeld induziert einen wechselnden Strom in einem Leiter.

Beide Effekte werden im Transformator kombiniert. Der Wechselstrom, der in die Primärwicklung eingespeist wird, erzeugt ein wechselndes Magnetfeld. Dieses wiederum induziert in der Sekundärwicklung eine elektrische Wechselspannung.

Der Weg für den Bau elektrodynamischer Maschinen war damit frei. Die ersten Elektromotoren und Generatoren waren bald erfunden, doch dauerte es bis ca. 1880, bis der Transformator von den Herren Gibbs und Gaulard erfunden wurde. Sie wollten diese Einrichtung patentieren lassen, doch die Eingabe wurde 1882 mit der Begründung abgelehnt, daß der Transformator "Etwas aus Nichts erzeugt" - mithin ein Perpetuum Mobile sei. Der Patentprüfer bewies in dieser Sache zwar Aufmerksamkeit, aber wenig Sachverstand. Den Siegeszug der Wechselstromtechnik, der durch den Transformator ermöglicht wurde, konnte er freilich nicht aufhalten.

Ein Transformator mit zwei Wicklungen mit den Windungszahlen n1 und n2. Die Spannungen U1 und U2 verhalten sich wie n1 zu n2, unabhängig davon, welche der beiden Spulen als Primär- und welche als Sekundärwicklung verwendet wird. Die fließenden Ströme verhalten sich hingegen umkehrt.

  n1 : n2 = U1 : U2 = I2 : I1  

Für uns sind einige Fakten wichtig, wenn wir den Einsatz eines Transformators in einem Perpetuum Mobile betrachten wollen:

Beim letzten Punkt sollten Sie aufmerksam werden! Vorhin habe ich erläutert, wie ein Elektromagnet oder Drahtsalat, der von Strom durchflossen wird, durch die ohmsche Last Energie in Wärme umsetzt. Gilt das beim Transformator im Leerlauf nicht? Es sei daran erinnert, daß vorhin von Gleichstrom die Rede war, wir hier aber Wechselstrom verwenden. Dies bewirkt, gemäß der Regel, daß sich Strom und Magnetfeld wechselseitig induzieren, auch die Primärwicklung im Leerlauf als Sekundärwicklung wirkt. Mit dem Ergebnis, daß sich die Ströme aufheben.

Bislang war die Betrachtung des Transformators idealisiert. In der Praxis gibt es keine idealen Transformatoren. Erinnern wir uns an den Abschitt über Permanentmagnete. Dort haben wir gelernt, daß es Werkstoffe gibt, die sich magnetisieren lassen und ihre Magnetkraft lange behalten. Diese werden auch als magnetisch harte Werkstoffe bezeichnet. Beim Transformator werden hingegen Eisensorten verwendet, die ihre Magnetkraft möglich schnell aufbauen und verlieren; sie nennt man magnetisch weich. Wir ahnen, daß es weder die eine noch die andere Art von idealen ferromagnetischen Materialien gibt.
Ein Teil der Energie, die in den Transformator gespeist wird, geht durch das Ummagnetisieren des Eisenkernes in Wärme über. Es ist offenbar unklug, magnetisch harte Eisenwerkstoffe im Transformatorenbau einzusetzen, denn sie haben größere Eisenverluste. Man kann in einem Diagramm die Abhängigkeit von der magnetischen Feldstärke zu yyy aufzeichnen.

Transformatorenblech. Magnetisch weiches Material Magnetisch hartes Material

Wer das Kapitel über Federn aufmerksam gelesen hat, ist dort einem Diagramm begegnet, das große Ähnlichkeit mit diesen Skizzen hat. Tatsächlich gibt es auch bei magnetischen Werkstoffen eine Hysterese und genau wie bei Federn, muß in der Praxis die Hysterese des Materials berücksichtigt werden. Die umschlossenen Flächen sind in beiden Fällen ein Maß für den "Energieverlust".

Da Transformatoren und elektrodynamische Maschinen eng verwandt sind, sollten Sie auch einen Blick in das Kapitel über Elektrotechnik werfen.

 Magnetisches Schweben

Ziemlich lange herrschte die Ansicht vor, daß mit statischen Magnetfeldern bzw. mit Permanentmagneten ein freies Schweben nicht bewirkt werden könne. Mit Elektromagneten und elektronischer Regelungstechnik ist so etwas schon länger möglich. Doch die Erfindung des magnetischen Kreisels "Levitron" zeigt, daß dieses scheinbar so gut erforschte Gebiet noch für Überraschungen gut ist. Das magnetische Spielzeug wurde unter der Nr. US 4,382,245 patentiert. Die Entstehungsgeschichte finden Sie hier.

Ein schwebender Kreisel, dessen Geheimnis ausschließlich auf der Verwendung von Permanentmagneten beruht. Bild Copyright © Rick Hoadley. Mit freundlicher Genehmigung.

In der Konzeptseite über alchimistische Perpetua Mobilia findet sich ein Hinweis auf Plinius den Älteren. Er erwähnte ca. 70 n.Chr. in seiner Naturenzyklopädie das Vorhaben, in einem Tempel ein eisernes Standbild durch die Kraft von Magnetsteinen frei schweben zu lassen.

Die Annahme, daß dieser Schwebeeffekt die Schwerkraft aufhebt, ist unzutreffend. Hier befinden sich lediglich magnetische Kräfte in einem fragilen Gleichgewicht. Das statische Gleichgewicht verletzt keinen der Hauptsätze der Thermodynamik, ebensowenig wie ein Gegenstand, der auf einer Tischplatte liegt, und bei dem die unmerkliche Durchbiegung der Platte eine Gegenkraft aufbaut, die exakt der Gewichtskraft des Gegenstandes entspricht. Arbeit vermag eine solche Anordnung deshalb nicht zu leisten.

 Permanent-Magnetische Perpetua Mobilia

Selbst heute scheinen Magnete ein Mysterium darzustellen, weil sie auf entfernte Gegenstände Kräfte auszuüben vermögen. So sind Permanentmagnete für Perpetuum-Mobile-Erfinder immer noch attraktiv. Zum einen sind durch die modernen Werkstoffe außerordentlich kräftige Magnete herstellbar; zum anderen vermeidet der Permanentmagnet scheinbar den Hauptnachteil des Elektromagneten, nämlich den des Strombedarfs. Doch Vorsicht! Kraft und Energie sind zwei grundverschiedene Dinge, wie viele erfolglose Perpetuum-Mobile-Erdenker herausfanden.

Der erste Vorschlag für ein magnetisches Perpetuum Mobile stammt von Pierre de Maricourt. Er beschrieb, wie ein äußerer Eisenkranz um einen exzentrisch angeordneten Magneten rotieren soll. Zur Verstärkung des Antriebes sollte eine kleine Kugel zwischen inneren Leisten die Bewegung durch Anheben und Herabfallen unterstützen.


Pierre de Maricourts Magnetrotor in
der Variante von Johannes Taisnierus

Johannes Taisnieruns beschrieb in seinem Werk Opuscolum Perpetua Memoria dignissmum de natura magnetis et eius effectibus mit den identischen Worten Pierre de Maricourts Erfindung, ohne den Urheber zu nennen. Eine zusätzliche nennenswerte Neuerung war das von Taisnierus erdachte magnetische Rampen-Perpetuum Mobile, das offenbar so interessant war, daß es in der Literatur des siebzehnten Jahrhunderts ausgiebig diskutiert wurde.

Die Zeit, in der Perpetua Mobilia, auch magnetische, intensiv ausgedacht wurden, ist das siebzehnte Jahrhundert. Allen voran sind uns Konzepte von Jesuiten überliefert, wie z.B. Athanasius Kircher. Kircher schlägt unter anderen magnetischen Kuriosa ein perpetuierliches Rad vor, das eine Fortentwicklung der Idee Pierre de Maricourts darstellt. Derselbe Gedanke wurde von Kirchers Schüler Caspar Schott aufgegriffen.

  
A. Kircher: Magnes sive de arte magnetica, S. 294, 1643 C. Schott: Magia Universalis tom. IV, S. 483, 1678

Grundlegend neue Erfindungen wurden erst wieder im neunzehnten Jahrhundert aufgebracht, als man einerseits die Möglichkeiten des Elektromagneten erkannte, andererseits herausfand, daß magnetische Systeme auch mechanisch schwingen können, anstatt zu rotieren.

Die Idee, ein Pendel oder Schwinghelbesystem als zentrales Element eines Perpetuum Mobile zu verwenden, läßt sich an diesen Beispielen ablesen, die viele Jahre auseinanderliegen, und doch einige Gemeinsamkeiten aufweisen, insbesondere die, daß beide fraglich sind, was ihre Praxistauglichkeit betrifft..

  

W. G. Francis, Pennsylvania, ca. 1880

  

P. Imris, 2000, Deutsches Pat. No. 19915787

 Elektromagnetische Perpetua Mobilia

Eine Grenzziehung zu den elektrischen Perpetua Mobilia ist schwierig, da elektrische und magnetische Erscheinungen untrennbar miteinander verbunden sind.

 Weiterführende Lektüre

Sollten Sie an Experimenten nebst der zugehörigen Theorie interessiert sein, dann sollten Sie unbedingt auf der Site von Magnet Man vorbeischauen. Sie finden dort eine große Anzahl interessanter Versuche und guter Erklärungen. Die Geschichte des Magneten ist unter A guide to Magnetism throughout the ages sehr gut aufbereitet.


Stand: 23.02.2003 /
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