Grundlagen

Auf den nächsten Seiten werden einheitlich folgende Festlegungen benutzt:

Über den Wirkungsgrad

Verwirrung pur! Manchmal habe ich den Eindruck, daß unter dem Wirkungsgrad jeder Perpetuum-Mobile-(Webseiten-)Autor etwas anderes versteht. Mit ein paar einfachen Definitionen läßt sich die Verwirrnis beheben:

 Definition:      Der Wirkungsgrad ist das Verhältnis der abgegebenen zur aufgenommenen Leistung. Anders ausgedrückt: Hier wird das System gesamthaft betrachtet, mit allen zufließenden und nutzbar entnommenen Leistungen. Ungenutzte Leistung, die z.B. in Form von Abwärme entweicht, wird nicht im Wirkungsgrad aufgenommen.

Der Leistungsfaktor ist das Verhältnis der abgegebenen zur aufgewandten Leistung.



 Bemerkungen 1:      Der Wirkungsgrad ist nach bisherigen Erkenntnissen und den Hauptsätzen der Thermodynamik gemäß stets kleiner gleich 1.
Der Leistungsfaktor ist eine Größe, die vornehmlich von technischem Interesse ist, da er ein Maß für den Nutzen einer Maschine oder Einrichtung darstellt. Der Leistungsfaktor kann, wie im Falle der Wärmepumpe, deutlich über 1 liegen. Der Wirkungsgrad der Wärmepumpe ist dennoch kleiner 1.


 Bemerkungen 2:      Im englischsprachigen Raum finden sich folgende Begriffe:
  • Unity ist Wirkungsgrad 1
  • Overunity ist Wirkungsgrad > 1

Grundannahmen

 Definition:      Die Abkürzung PM bedeutet "Perpetuum Mobile".


 Annahmen:      Es wird von folgenden Voraussetzungen ausgegangen:
  • Lager ohne Lagerreibung (idealisiert)
  • Vernachlässigung des Luftwiderstandes (idealisiert)
  • Punktförmige Massen (idealisiert)
  • Newtonsche/Galileische Mechanik, geringe Geschwindigkeiten
  • Einheiten im SI-System
  • Der Nachweis, daß ein PM nicht funktioniert, darf primär nicht über das Argument der unvermeidlichen Reibungsverluste stattfinden, sondern muß die prinzipbedingte Unzulänglichkeit der Konstruktion herausarbeiten. Anders ausgedrückt: Nur wenn der Energieerhaltungssatz von der idealisierten Maschine nicht verletzt wird, darf das Argument der Reibungsverluste verwendet werden.

 Kraft, Leistung, Energie und Anderes

Es schadet nicht, ein klares Konzept von diesen grundlegenden Begriffen und ihren Bedeutungen zu haben. Häufig genug kommt es vor, daß der Erfinder einer perpetuierlichen Maschine so einfache Dinge wie Kraft und Arbeit oder Impuls mit Leistung verwechselt. Die nachfolgenden Definitionen sollen das Schulwissen ein wenig auffrischen, aber keine Einführung in die Physik sein.

 Definition:     
Begriff Abk. Einheit
Weg s m [Meter]
Zeit t s [Sekunden]
Masse m kg [Kilogramm]


 Definition:      Kraft ist Masse mal Beschleunigung.
F = m a
 Bemerkung:      Wirkt auf einen Körper keine Kraft, so verharrt er in seiner gleichförmigen Bewegung. Ruhe gilt ebenfalls als gleichförmig. Im Umkehrschluß verläßt ein Körper den Zustand der gleichförmigen Bewegung, wenn auf ihn eine Kraft wirkt. Dabei erfährt er die Beschleunigung a. Es handelt sich hier um die formale Fassung der beiden ersten Newtonschen Gesetze.


 Definition:      Arbeit ist Kraft mal Weg. Gemeint ist der Weg in Kraftrichtung, den ein Objekt zurücklegt, an dem die Kraft angreift:
W = F ´ s


 Definition:      Leistung ist Arbeit pro Zeit:
P = W / t


 Definition:      Energie


 Definition:      Impuls ist Masse mal Geschwindigkeit:
I = m v

 Superposition

Man beachte, daß Kräfte nicht nur einen Betrag, sondern auch eine Richtung haben. Wenn mehrere Kräfte an einem Punkt angreifen, addieren sich diese Kräfte vektoriell. Aus der Schule ist das berühmt-berüchtigte "Kräfteparallelogramm" wohlbekannt. Die Additon der Kräfte wird als Superposition bezeichnet. Insbesondere kann - im Umkehrschluß - eine Kraft in mehrere Teilkräfte zerlegt werden. Man bevorzugt dabei, die Richtungen der Kräfte senkrecht aufeinander stehen zu lassen. Die Analyse von mechanischen Apparaturen läßt sich damit erheblich vereinfachen bzw. erst ermöglichen. Ist ein Objekt in Ruhe, so addieren sich alle darauf wirkenden Kräfte zu Null. Die gilt auch für alle inneren Punkt eines Körpers!

 Hebel und Drehmoment

Das klassische Perpetuum Mobile bedient sich eines radförmigen Mechanismus und unwuchtiger Massen. Die zugrundeliegende Idee für die Funktionsweise ist das Hebelgesetz.


Hebel im Gleichgewicht
F1 ´ r1 = F2 ´ r2

 Definition:      Das Drehmoment ist das Produkt aus Länge des Radius und an ihm senkrecht angreifender Kraft, "Drehmoment = Kraft mal Kraftarm":
M = F ´ r

Damit der Hebel in Ruhe verharrt, gilt allgemein, daß die Summe aller Drehmomente = 0 sein muß. Falls die Summe der Drehmomente von 0 verschieden ist, beginnt sich der Hebel in Richtung des resultierenden Drehmomentes zu drehen. Ein häufiger Irrtum ist, daß die Richtung der am Hebel angreifenden Kraft ignoriert wird. Bei Kräften, die nicht senkrecht zum Radius angreifen, trägt nur die senkrechte Komponente zum Drehmoment bei, während die radiale eine Zug- oder Drucklast auf den Hebel ausübt.

***image***
Drehmomente bei beliebigem Angriff der Kräfte an einem Hebel

Anmerkung: Hebel können einen, zwei oder mehr Arme haben. Die Anzahl der Arme kann den unbedarften Konstrukteur leicht zur Annahme verführen, daß die Anzahl der Arme oder Lasten an ihnen signifikanten Einfluß auf das Funktionsprinzip des Hebelsystems hat. Dies ist mitnichten der Fall, wie dieses Beispiel zeigt:

***image***
Ein Hebel mit drei Armen und drei gleichen Lasten
ist in jeder Position im statischen Gleichgewicht

 Maschinenelemente

Man kann ganze Bücher über Maschinen und Maschinenelemente verfassen. Nachdem dies aber schon viele Male gemacht wurde, werde ich hier nicht wiedergeben, was in der einschlägigen Fachliteratur ausführlich beschrieben ist. Für eine gute Einführung sei auf Niemann, Maschinenelemente oder Dubbels Taschenbuch für den Maschinenbau verwiesen. Ich will aber auf ein paar Besonderheiten aufmerksam machen, die häufig übersehen werden, insbesondere von Amateur-Erfindern.

Getriebe

Meistens werden unter "Getriebe" Zahnradgetriebe verstanden. Doch der Maschinenbau kennt eine Anzahl anderer Konstruktionen, die ebenfalls als Getriebe bezeichnet werden. Dazu gehören unter anderem:

Natürlich haben Sie schon Abbildungen von Zahnrädern und Getrieben gesehen oder Sie haben bereits eine alte Mühle besichtigt, in der die Getriebeelemente gut zu erkennen sind. Getriebe sind im Maschinenbau häufig, aber Laien haben selten eine Vorstellung davon, was sich innerhalb eines Getriebes abspielt. Fachleute wissen, daß Getriebe gegenüber Ungenauigkeiten sehr empfindlich sind und rasch verschleißen, wenn sie nicht sorgfältig angefertigt wurden.

  Diese Art von Getrieben ist häufig in alten Mühlen zu finden. Die Verzahnungen der Räder werden wegen ihrer Form als Zapfen und Laterne bezeichnet. Meistens wurden diese Werke von Praktikern anhand von Erfahrungsregeln gebaut. Für grobe und große Getriebe war der Zimmermann zuständig. Die kleinen, feinen Getriebe fanden in der Uhrmacherei Anwendung.
Getriebe für Wasserräder und Mühlwerke waren ungenau und benötigten regelmäßige Pflege und Reparatur. Ihr Wirkungsgrad war für ihre Zeit brauchbar, doch verglichen mit unseren neuzeitlichen Getrieben war er lausig.
  Vergleichen Sie dieses Dreigang-Automatik-Getriebe von 1963 mit dem obigen Bild! Der Hauptunterschied liegt nicht in der Komplexität allein, sondern in der völlig unterschiedlichen Form der Zähne, der Lagerungen, des Gußgehäuses, Dichtungen, Ölfüllung usw. Diese Getriebe werden als Massenprodukt hergestellt, und das mit einem Zeitaufwand und zu Preisen, die selbst ein geschickter Handwerker für das obige Getriebe nicht erzielen könnte.
Obwohl moderne Getriebe sehr präzise sind und einen guten Wirkungsgrad haben, müssen Automobilingenieure berücksichtigen, daß beim Betrieb immer noch einige PS im Getriebe bleiben und es erhitzen.

Ein Getriebe-Beispiel

Diese Maschinenzeichnung ist Teil einer Tafel aus Agostino Ramelli's berühmten Buch Le diverse et artificiose machine. Es ist kein Perpetuum Mobile, sondern eine Winde zum Bewegen schwerer Lasten. Nehmen Sie dieses Beispiel als Übung zum Analysieren komplizierter Maschinen! Funktioniert diese Maschine überhaupt? Enthält die Konstruktion gravierende Fehler? In welche Richtung muß die Kurbel gedreht werden, damit die Last zur Maschine gezogen wird? Kann die Aufgabe einfacher gelöst werden?


Aus Tafel Nr. 180 der Le diverse et artificiose machine
Ramelli beschrieb weitaus komplexere Maschinen.
Diese ist eine von mittlerem Schwierigkeitsgrad.

Wir sollten nicht vergessen, daß Ramelli seine Leser mit der kunstvollen Verwendung vieler Maschinenelemente beeindrucken wollte. Manchmal schoß er dabei über's Ziel hinaus und verschwendete mehr Aufwand als gut für seine Konstruktion war. Eine sorgfältige Analyse seiner Maschinen zeigt zwar, daß die meisten auf die gewünschte Weise funktionieren könnten, oft aber nur geringen praktischen Wert hätten. Ein Arbeiter würde sicher nur ungern eine Kurbel mehrere tausend Male drehen, um eine Last ein paar Zentimeter anzuheben! (vgl. z.B. Ramelli, Kapitel 177) In diesem Beispiel ist das nicht der Fall. Wenn Sie genügend verwirrt sind, haben Sie vielleicht Lust, meine Lösung anzusehen.

 Schwungräder

Schwungräder sind sehr wichtige Maschinenelemente, um Energie zu speichern. Dies kann dazu dienen, um kurzzeitige Unregelmäßigkeiten in der Drehzahl einer Welle auszugleichen, wie es z.B. in Dampfmaschinen oder Verbrennungsmotoren der Fall ist. Schwungräder können aber auch Energie speichern, die über eine lange Zeit eingespeist wird, um dann für eine kurzzeitige, aber hohe Leistungsentnahme verfügbar zu sein.

In der Geschichte des Perpetuum Mobiles machte 1917 ein gewisser Garabed Giragossian Furore, dem es gelang, den amerikanischen Senat von seiner Idee zu überzeugen. Er machte einiges Geheimnis um seine Maschine und erreichte, daß sogar ein geeignetes Gesetz vorbereitet wurde, um seine Erfindung vor Nachahmung und Verfolgung zu schützen. Dies war die Geburtsstunde der ersten Verschwörungstheorie über die vermeintlichen Nachstellungen des Establishments.
Die Prüfer fanden schlußendlich ein großes Schwungrad vor. Dem Wissenschaftsmagazin Scientific American ist aufgrund einer investigativen Berichterstattung zu verdanken, daß nicht der gesamte Senat ins Lächerliche gezerrt wurde.

 Komplexität

Es gibt einfache PM-Entwürfe und komplizierte. Die komplizierten basieren in der Regel auf einfachen Konzepten, die jedoch mit ergänzender Technik angereichert wurden, um die Unzulänglichkeiten der ursprünglichen Konstruktion zu beheben. Oft übersehen die Erfinder komplizierter Perpetua Mobilia, daß die Komplexität in aller Regel durch zusätzliche Verluste in den mechanischen oder elektrischen Bauelementen erkauft wird. Ihnen sei der Rat Johann Jacob Leupolds ans Herz gelegt (Theatrum Machinorum, 1724, Vol. i, S. 26-27):

Übrigens ist allen, so das Perpetuum mobile noch beständig suchen, zu hinterbringen:
   (1) Daß sie solches mit den allersimpelsten Machinen thun; denn je mehr die Machine übersetzet ist, je mehr sie Zapfen, Zähne und Materialien hat, je weniger wird daraus der Motus perpetuus erhalten werden, und wenn es nicht in der Simplicität geschiehet, wird es in Compositione wohl ewig aussen bleiben.
   Ferner (2) daß keiner sich an die Arbeit mache, er habe denn seine Invention auf dem Pappier wohl examiniret, Friction, Ruhe, die Centrifugation, oder daß die Cörper so im Circkel beweget werden, nach der Peripherie eilen, den Abstand und alles wohl aus= und abgemessen, und den Calculum gezogen.
   (3) Wer diese Berechnung nicht kan, auch mechanische Fundamente nicht verstehet, gar darvon bliebe, und es anderen überlasse; denn er wird nur Zeit und Geld dabey verliehren, ja welches das schlimmste, wenig Ruhe haben. Wie ich viel Exempel anführen könte.


Stand: 23.02.2004 /
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