Über die Reibung

Viele, die nicht wirklich verstehen, warum Perpetua Mobilia nicht funktionieren, geben die Allerweltsbegründung: "Wegen der Reibung". Das ist eine bequeme Erklärung und erspart weiteres Nachdenken, weshalb ein bestimmter Mechanismus nicht seine Aufgabe erfüllen will. Es ist jedoch eine schwache Ausrede, die die übliche Arbeitsweise in der Physik ignoriert, bei der im ersten Ansatz Reibungsverluste üblicherweise nicht berücksichtigt werden, um die Theorie und Berechnungen zu vereinfachen. Und wie verhält es sich z.B. mit den elektrischen und magnetischen Apparaten, die keine beweglichen Einzelteile haben?
Auf diesen Physik-Seiten werde ich Reibungseffekte nur dann berücksichtigen, wenn sie für die Argumentation notwendig sind. In dem Fall ist es am günstigsten, die Analyse einer Maschine zunächst ohne Rücksicht auf die Reibung durchzuführen und danach die Reibung als zusätzliche Korrektur einzuführen.

In der technischen Praxis kann die Reibung nicht ignoriert werden, da sie der Grund für (meistens unerwünschte) Energieverluste ist. Für gewöhnlich fallen uns beim Wort "Reibung" Verluste in Lagern oder an gleitenden Maschinenteilen ein. Doch Reibung lauert überall. Hier eine Liste vom Beispielen, die unter Umständen berücksichtigt werden müssen, wenn eine detailliertere Analyse einer Maschine notwendig ist:

Art ...und Auswirkungen
Gleitreibung Immer, wenn ein Gegenstand über den Boden geschleift wird oder Maschinenteile aneinander gleiten, reiben zwei Oberflächen aneinander. Oberflächen sind niemals wirklich glatt, so daß Arbeit benötigt wird, um die Haft- bzw. Gleitreibung zu überwinden. Diese Arbeit wird in Wärme umgesetzt, wie das Beispiel des Werkzeugschleifens auf der Maschine eindrucksvoll veranschaulicht. Gleitreibung kan reduziert werden, indem die beteiligten Oberflächen mit Wasser, Öl oder anderen Mitteln geschmiert werden. Auch Luftkissen oder magnetische Effekte können dazu dienen. Allerdings treten dann anstelle der Gleitreibung andere Reibungsverluste auf, die ebenfalls berücksichtigt werden müssen.
Rollreibung Rollende Räder ersetzen die Gleitreibung durch Rollreibung, die in der Regel niedriger ist als beim Schleifen einer Last über den Grund. Deswegen werden gerne Kugellager in der Technik verwendet.
Elastische Verformung Stahlkugeln, die auf einem glatten Steinfußboden ausgeschüttet werden, demonstrieren eindrucksvoll Elastizität. Sowohl Stahl als auch Stein sind in einem gewissen Maße elastisch. Doch die Elastizität ist nicht ideal und so hält die Wirkung nur begrenzt an. Der Grund liegt in den inneren Verlusten, die durch die Verformung der beteiligten Objekte entstehen.
Plastische Verformung Weiche, deformierbare Materialien wie Lehm oder Blei zeigen kaum elastisches Verhalten. Die Arbeit, die zur Verformung notwendig ist, wird durch die innere Reibung des Materials aufgezehrt und in Wärme umgewandelt.
Flüssigkeitsreibung Abhängig von der Viskosität (=Zähigkeit) eines Gases oder einer Flüssigkeit kann die Reibung beachtlich sein. Die innere Reibung innerhalb dieser Materialien ist der Grund für den Widerstand, den Gegenstände leisten, wenn sie z.B. durchs Wasser bewegt werden sollen. Konsequenterweise erhalten Objekte, die sich schnell in viskosen Medien bewegen sollen, Stromlinienform.
elektromagnetische Reibung Dieser Effekt ist speziell in nicht-ferromagnetischen Metallen, wie z.B. Kupfer sehr stark. Wenn sich ein Leiter im magnetischen Feld bewegt, werden in seinem Inneren Ströme induziert, die durch den Leiter kurzgeschlossen werden, was den Leiter erhitzt. Der Effekt wird praktisch für die sog. "Wirbelstrombremse" bei Schienenfahrzeugen ausgenutzt.
Gezeitenreibung Diese Art von Reibung wird häufig unterschätzt. Anhänger der perpetuierlichen Idee nennen oft die Bewegung der Himmelskörper als ein Beispiel für ein natürliches mechanisches Perpetuum Mobile. Doch diese Bewegung ist bei weitem nicht so dauerhaft, wie es scheint. Haben Sie sich jemals gefragt, warum uns der Mond immer dieselbe Seite zukehrt? Die Ursache ist Gezeitenreibung. Gezeitenkräfte führten und führen immer noch zu folgenden Effekten:
  • Der Mond wurde durch die innere Reibung abgebremst, die durch Gezeitenkräfte hervorgerufen wurde. Sobald die Gezeitenkräfte nicht mehr wirkten, fand das ein Ende. Das ist genau dann der Fall, wenn die Rotationsdauer des Mondes seiner Umlaufdauer um die Erde entspricht.
  • Die Gezeitenkräfte des Mondes wirken auf die Erde, die sich durch Reibung des halbflüssigen Magmas im Inneren erwärmt. Das und die Bremswirkung durch Ebbe und Flut führen dazu, daß die Rotationsgeschwindigkeit langfristig abnimmt..
Schall Geräuschvolle Maschinen verschwenden Energie. Schall wird durch unterschiedliche Arten von Reibung hervorgerufen. Darüberhinaus kann Schall selbst zu Reibungsverlusten beitragen. Diese finden entweder innerhalb eines Objektes durch Reflexionen und Schwingungsverluste statt oder durch die Abstrahlung an die Umwelt.

Ein Beispiel zur Reibung

Etwas weiter oben schrieb ich, daß Reibung überall lauert. Um eine Vorstellung zu gewinnen, wo überall, ein einfaches Beispiel. Ein beladener Schubkarren soll auf ebenem Boden weitergeschoben werden.
Die gewöhnliche Abstraktion in der Physik kommt zum Ergebnis, daß zu diesem Transportvorhaben keine Arbeit geleistet werden muß, da die Bewegung auf ebenem Grund erfolgt. Ich vermute, Sie sind anderer Ansicht. Die Ursache ist - Reibung! Diese Arten von Reibung finden wir bei einer näheren Analyse:
  • Rollreibung des Rades auf dem Untergrund
  • Gleitreibung in Achse und Lager
  • Flüssigkeitsreibung im Öl des Lagers
  • Elastische Verformung des Reifens; innere Reibung im Gummi, bedingt durch Hysterese
  • Plastisch Deformation des weichen Untergrundes
  • Luftwiderstand. Für gewöhnlich können wir ihn in diesem Fall vernachlässigen.

All' diese Reibungseffekte summieren sich zum unerwünschten Ergebnis, daß sehr wohl Arbeit geleistet werden muß, um den Schubkarren zu bewegen.

 Reibungskraft

Ich mag diesen Ausdruck nicht. Er impliziert, daß Reibung Kraft erzeugt und darüberhinaus daß die "Reibungskraft" multipliziert mit Weg Arbeit ergibt. Reibung kann keine Arbeit erzeugen. Reibung kann nicht einmal Kraft erzeugen. Reibung kann sich nur als mechanischer Widerstand äußern, dessen Überwindung Kraft bzw. Arbeit erfordert.
Man kann nicht erwarten, daß ein Mechanismus, der durch Reibungsverluste behindert ist, aus diesen Verlusten Arbeit erzeugt. Doch zumindest ein Erfinder hat das Konzept der "Reibungskraft" gründlich mißverstanden. 1922 veröffentlichte der Tscheche Prachar ein Traktat, in dem er unter anderem ein Perpetuum Mobile beschreibt, das durch Reibungskräfte angetrieben wird!

Nützliche Reibung

Oft genug wird Reibung als unerwünschtes Beiwerk in Maschinen betrachtet. Doch Reibung ist sehr wichtig und nützlich. Reibung erlaubt uns, zu gehen, ein Auto zu fahren oder eine Bremse zu betätigen. Reibung ist der Grund, warum unsere Schuhe beim Gehen nicht ausgleiten. Wer schon probiert hat, auf Eis zu gehen, wird verstehen, wie nützlich Reibung ist. Welche anderen Beispiele fallen Ihnen ein, bei denen Reibung ein wesentlicher Aspekt der Funktionsweise einer Konstruktion ist?

   Eine der nützlichen Erfindungen stammt von einem Herren Prony. Der sogenannte Prony'sche Zaum (auch Bremsdynamometer genannt) dient zum Ermitteln der Leistung, die eine Maschine an ihrer Abtriebswelle liefert.


Stand: 16.02.2004 /
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