Zeitreise

Zeit?

Die Zeit als vierte Dimension... So heißt es, wenn man die Rede auf Einstein bringt. Viele haben sich daran gewöhnt, gedankenlos so zu reden. Doch was eine vierte DImension ist, vermag sich kaum jemand vorstellen. Rechnerisch lassen sich gewisse Phänomene gut beschreiben, sie zu begreifen, ist eine andere Geschichte. Inzwischen gibt es ernstznehmende Ansätze, das Thema "Zeitreise" wissenschaftlich zu greifen und formal zu beschreiben. Ich stelle hier einpaaar Ideen vor. Da man sich ohnehin als Spinner entlarvt, wenn man von so abstrusen Dingen wie Zeitreise, Antischwerkraft oder UFOs redet, kann ich mich hier guten Gewissens zurücklehnen und meine Theorie erarbeiten. Wenn schon spinnen, dann richtig!

Die Faszinaziton des Themas ist schwer beschreiblich. Sie kommt vermutlich vom Gedanken, des "was wäre wenn...?" Die SF-Literatur ist voller Beispiele von Szenarien, in denen Zeitparadoxe geschaffen werden. Ob sie möglich sind, ist eine der Fragen, die hier untersucht werden soll.

Unser Ziel ist bescheiden. Sie wissen schon: "the life, the universe and everything".

Voraussetzungen

Wie immer unvermeidlich: Ein paar Voraussetzungen zum leichteren Arbeiten. Oft werden Voraussetzungen wie diese stillschweigend angenommen. Wir wollen jedoch ganz bewußt unser Instrumentarium kennen und korrekt einsetzen.

Anforderungen

Bevor wir uns an die Arbeit machen, sollten wir uns im Klaren drüber sein, welche technischen Ziele wir erreichen wollen. Wir müssen uns aber auch bewußt machen, daß manche dieser Ziele evtl. nicht vollständig erreicht werden können.

Bauanleitung 1

Man nehme einen geräumigen Karton - vielleicht von einer Waschmaschine - und schneide mit einem scharfen Messer den oberen Teil ab. Eine Seite erklären wir als "vorne". Hier führen wir zwei kurze sentrechte Schnitte und klappen einen Teil nach innen, damit wir unsere Instrumentierung übersichtlich unterbringen können. Wir benötigen dazu zwei Uhren, billige Wecker aus dem Restekaufhaus sind gut genug. Die beiden Uhren werden auf dem "Instrumentenbrett" so angebracht, daß sie gut ablesbar sind. Über die eine Uhr schreiben wir "subjektive Zeit", über die andere "reale Außenzeit". Vor der Zeitreise werden die beiden Uhren synchronisiert.

Ins Innere der Schachtel sollten wir ein, zwei weiche Kissen legen; unerläßlich für das Funktionieren des Mechanismus ist das nicht. Wer in der Schachtel Platz nimmt, kann nun im beschaulichem Tempo in die Zukunft reisen. Ich empfehle die Mitnahme eines guten Buches und bei längeren Reisen auch die Versorgung mit etwas Proviant.

Kritik an der Bauanleitung 1

Wenngleich die eben genannte Konstruktion technisch sehr einfach ist, läßt sie doch einige grundlegende Wünsche offen. Zum Einen ist nur ein Teil der Basisanforderung gelöst, da die Maschine nur Reisen in die Zukunft gestattet. Zum anderen ist die Reisegeschwindigkeit unbefriedigend; da könnte man sich ja gleich die Arbeit sparen und statt des Maschinenbaus auch einen bequemen Sessel kaufen. Ich gebe zu: Ein Sessel tut's auch.

Zu voreilig sollten wir das erste Versuchsmuster nicht in den Schuppen stellen. Wir wollen daraus lernen: Warum ist die Reisegeschwindigkeit unbefriedigend? Und überhaupt: was wollen wir in diesem Zusammenhang unter "Reisegeschwindigkeit" verstehen?

Unversehens geraten wir in Definitionsnot. Man könnte sich vorstellen, einen Reisefaktor zu definieren, so etwas wie "10 Sekunden subjektive Zeit für 1 Stunde reale Zeit". Das ist ganz pragmatisch und scheint als Definition brauchbar:

ts := subjektive Zeit
ta := reale Außenzeit
R := ts/ta

Positive Werte stellen offenbar eine Reise in die Zunkunft dar, während negative Werte in die Vergangenheit weisen. Wo wir das "Minus" hinschreiben, vor ts oder ta müssen wir uns noch überlegen.

Wie wir die reale Außenzeit in den Griff kriegen ist eine andere Geschichte, aber wir können uns ja Zeit lassen...

Arbeitshypothese 1

Für Reisen in die Vergangenheit soll ta negativ sein. Begründung: Denn würden wir ts negativ werden lassen, so würden wir uns bei der Reise gegen die Zeit verjüngen. Die nachstehende Fallunterscheidung zeigt, was uns blühte, würden wir mit der negativen Geschwindigkeit reisen:
Reise in die Zukunft und zurück Wir hätten alle Erlebnisse vergessen, die wir im vergleichbaren Zeitintervall hatten und kommen mit demselben Erkenntnisstand wieder zum Ausgangspunkt zurück. Da wir damit auch unsere Reise vergessen haben, wiederholen wir den Entschluß, in die Zukunft zu reisen. Das können wir solange spielen, bis uns der Treibstoff ausgeht, falls sich der nicht auch wieder bei der Rückreise ansammelt.
Reise in die Vergangenheit und zurück Wir vergessen, wie unsere Maschine funktioniert und landen vielleicht als Säugling in der Steinzeit - ohne Chance auf Rückkehr, allerdings auch ohne Wissen um den Verlust der Gegenwart. Die Bezugspersonen aus der Kindheit würden wir allerdings stark vermissen, ohne uns erklären zu können, wie wir an den merkwürigen Ort kamen.

Arbeitshypothese 2

Wir streben an, auf derselben Stelle zu verharren, während wir uns in der Zeit bewegen. Das hat ganz pragmatische Gründe. Man stelle sich vor, wir hätten die Maschine in unserer Garage in aller Heimlichkeit fertiggebaut und reisen ein wenig in die Vergangenheit. Malen Sie sich aus, was passieren könnte, wenn wir mit unserer Maschine im Garten des spanischen Großinquisitors landeten! Besser, wir bleiben hübsch in unserer Garage und reisen tunlichst nicht zu weit zurück. Aus dem gleichen Grunde sollten wir mit der Zukunft vorsichtig sein. Niemand garantiert uns, daß die Garage nach 300 Jahren immer noch am selbem Fleck ist - im Vertrauen gesagt: ich glaub's nicht.

Die Anforderung, sich örtlich nicht zu verändern, wirft einige Schwieigkeiten auf, die wir näher untersuchen wollen. Holen wir nochmal unsere erste Maschine hervor. Mit ihr war nicht nur ein gemütliches Zeitreisen möglich; sie hatte auch den entscheidenden Vorteil, an derselben Stelle (z.B. unserer Garage) zu verharren. Tat sie das wirklich?

Seit Kopernikus setzte sich die Erkenntnis durch, daß sich das Universum nicht um die Erde dreht. Vielmehr dreht sich die Erde um ihre eigene Achse. Zusätzlich läuft sie innerhalb eines Jahres auf einer nahezu elliptischen Bahn um die Sonne. 

Betrachten wir einmal nur die Erdrotation. Die Erde rotiert innerhalb von 24Stunden einmal um sich selbst. Bei einem Erdumfang von (gerundet) 40000km ergibt sich eine Tangential-geschwindigkeit am Äquator von

40000km/24h = 1667km/h

Wenn wir unser Vorhaben in Mitteleuropa durchführen, müssen wir auf der geographischen Breite von z.B. München mit folgender Tangentialgeschwindigkeit rechnen:

vt = 1667km/h cos(49°) = 1093km/h

Warum rutscht bei diesen beträchtlichen Geschwindigkeiten nicht alles von der Erdoberfläche ab? Die Antwort ist einfach: Die Schwerkraft hält uns am Boden der Tatsachen fest - und die Luft rotiert mit der Erde mit. Aus dem Unterschied der Tangentialgeschwindigkeiten an Pol und Äquator ergeben sich Luftströmungen, die für unser Wetter verantwortlich sind. Die Luft "rutscht" offenbar doch ein wenig auf der Erdoberfläche.

Literatur

Gardner, Martin:
Time Travel and other Mathematical Bewilderments

Linkliste

http://plato.stanford.edu/entries/time-travel-phys/


Stand: 09.10.2001 / hp@hp-gramatke.de