Schrecknisse

Wozu das?

Manche Benutzeroberflächen sind massiv verärgernd. Und manche kosten Geld oder gar mehr. Hier eine zunächst ganz kleine Sammlung der interessantesten HMI-Sünden, die mir so begegnet sind.

Karies im Getriebe

Diese Art des Getriebeschalthebels im Auto ist mein absoluter HMI-Favorit - im negativen Sinne. Schauen wir uns mal die Varianten an, wie man ein 5-Gang-Getriebe dem Benutzer verfügbar macht:

Lösung 1 Lösung 2

Rückwärtsgang links angeordnet
Sperre wird durch Drücken des
Schaltknaufes oder durch Ziehen
eines Ringes gelöst

Rückwärtsgang rechts angeordnet
Keine Sperre, da 1.Gang und R weit
auseinanderliegen

Auf den ersten Blick zwei brauchbare Lösungen. Lösung 2 wird gerne von japanischen Autoherstellern verwendet; vielleicht ist sie billiger.
Um zu verstehen, warum die Löung 2 so besch...eiden ist, sollte man sich vergegenwärtigen, wie fünf Gänge rauf- und runtergeschaltet werden, wobei die hervorgehobene Linie den Bewegungs-/Kraftablauf der schaltenden Hand wiedergibt:

Lösung 1 Lösung 2
  raufschalten  
  runterschalten  

Aua! Bei Lösung 2 verhadert man sich bei Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn im Rückwärtsgang! Das gibt Karies im Getriebe - und für den, der den Gang wider Erwarten reinbringt, verbogenes Blech und blaue Flecken.
Spätestens alle halbe Jahre habe ich mit meiner besseren Hälfte im Auto dann wieder folgende Diskussion:
   ich:   Mensch, das ist kein Getriebeschalthebel, das ist ja ein Rührwerk!
   Frau:   Du bist halt nur zu blöd, das Auto richtig zu bedienen!
   ich:   Eben gerade. Selbst so ein Blödmann wie ich muß in der Lage sein, das Ding gefahrlos zu benutzen.

 Eine Handvoll Reis

Sie wissen ja um das alte Vorurteil, daß Japaner angeblich mit einer Handvoll Reis am Tag zufrieden sind. Bei Autoradios mag das zutreffen. Der Vorbesitzer meines jetzigen Autos verkaufte die Audioeinrichtung mit. Der Autohändler, der das Radio sah, bekam Stielaugen: "Mann, das ist ja das absolute High-End-Gerät!" Ich bekam auch Stielaugen:

***Bild***

Nach dem Einschalten des Fahrzeuges begann eine fröhliche Lichtorgel im Display ihre Tätigkeit. Wohlgemerkt, bei ausgeschaltetem Radio. Besonders bei Nachtfahrten hat das einen enormen Ablenkungseffekt, da Bewegungen speziell am Rande des Gesichtsfeldes stark wahrgenommen werden. Wußten Sie übrigens, daß in Deutschland videoähnliche Darbietungen im Blickbereich des Autofahrers während der Fahrt verboten sind? Der Hersteller des Autoradios weiß es offenbar nicht.

Die Tasten sind selbst für japanische Frauenhände klein. Reiskorn-"groß". Und die Schrift auf den Tasten ist so winzig, das ich sie selbst bei Nacht (Hinterleuchtung!) und meiner leichten Weitsichtigkeit kaum lesen kann. Während des Fahrens eine Taste zu treffen, ist eher Glück, denn Ergebnis einer geplanten Bedienaktion.

Ich bin ein anspruchsloser Mensch. Wenn ich zwei Radiosender gespeichert habe, einer davon mit Verkehrsmeldungen, dann bin ich zufrieden. Speichern? Offenbar nichts leichter als das. Erstmal Tasten für den Sendersuchlauf suchen und finden. Dann den passenden Sender suchen und die gewählte Taste lang drücken. Sollte schon fertig sein. Äh...nein, doch nicht. Ich höre einen falschen Sender. Irgendwie habe ich es noch geschafft, zwei Stationen auf die Tasten zu legen, ohne in den Graben gefahren zu sein.
Wenn Sender gespeichert sind, dann will man sie auch wählen. Als ich das Auto am nächsten Tag wieder starte, sind die gespeicherten Sender weg. Begeisterung. Ich beschließe, auf Cassetten umzusteigen.

Die Uhr stimmt nicht. Und die Lichtorgel nervt noch immer. Nach ein paar Tagen ist meine Schmerzschwelle weit genug überschritten; ich lese die Anleitung und schaffe es, nach 10 Minuten lesen und probieren die Uhr zu stellen und das Geblinke auszuschalten.
Die Uhr geht falsch. Etwa 3 Minuten pro Monat. Die Umstellung von Sommerzeit auf MEZ spare ich mir. Nicht schon wieder über der Anleitung brüten und nicht schon wieder ein paar Fehlversuche. Soll die Uhr doch nach dem Mond gehen.

Was mir besonders auffiel, nein herausfiel: Das Knöpfchen, um das Gerät auszuschalten, ist rechts unterhalb des Lautstärkestellers. Das trifft man nicht immer. Schwuppdiwupp drücke ich auf die besser zugängliche Taste links unterhalb des Lautstärkstellers und das Radiobedienteil purzelt unvermittelt in den Fußraum irgendwo zwischen die Pedale. Ich beginne, des Radiokonstrukteurs Sinn fürs Praktische zu bewundern.

Was übrigens die eigentliche Radiofunktion betrifft: Ich habe sie innerhalb eines Jahres insgesamt keine Stunde genutzt, denn die Empfangsleistung des Gerätes ist offenbar das Einzige, in das die Erbauer keine Anstrengung investiert haben.

 Kontrastprogam

Kennen Sie das? Sie benutzen das Textsystem des führenden Softwareherstellers. Sie wissen schon, derjenige, bei dem man das Betriebssystem dadurch beendet, indem man den Menüpunkt "Start" auswählt. Das hat Methode! Sie wollen wissen, wo Sie die Seitenansicht finden, die Ihnen zeigt, wie Ihr fertiges Dokument später auf Papier aussieht? Keine Kunst - wählen Sie den Menüpunkt "Ansicht" und suchen Sie!

Nicht gefunden? Probieren Sie es doch mal unter "Datei". Bingo!

Die Kleinigkeiten, die wohlbekannten, die sind es, die die Benutzer zur Weißglut bringen. Besonders, wenn diese Kleinigkeiten schon seit vielen Softwareversionen dem Hersteller als schlecht bekannt sind.

P.S. Ist Ihnen der Unterschied zwischen Seitenlayout und Seitenansicht unmittelbar einleuchtend?


Stand: 21.11.2002 /
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